Abitur in Darmstadt und Studium an der Ludoviciana
Karl Wolfskehl wuchs in Darmstadt in einem großbürgerlichen, jüdisch-emanzipierten Umfeld auf. Wolfskehls Vater Otto führte das traditionsreiche Bankhaus Heyum Wolfskehl & Sohn, seine Mutter Paula geb. Simon war die Tochter des hannoverschen Hofbankiers Israel Simon.
Nach dem Abitur am Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasium
(1887) begann Karl Wolfskehl an der Gießener Ludoviciana ein Studium der neueren Philologie, das er nach verschiedenen Universitätsaufenthalten in Leipzig (1888/89) und in Berlin (1889/90) wieder in Gießen fortsetzte und 1891 beendete. Es folgte die Dissertation bei dem renommierten Gießener Sprachforscher Otto Behaghel zum Thema Germanische Werbungssagen
(1893), für die Wolfskehl ein summa cum laude erhielt.
Der Frankfurter Hof in Gießen, Wolfskehls postalische Absenderadresse im ersten Brief an George vom 16. 11. 1892, Foto aus dem Jahr 1894.
In den Gießener Jahren schloss Wolfskehl Freundschaften, die vorbereiteten, was sich später noch stärker ausprägen sollte: Literatur als gemeinschaftliches Erlebnis zu verstehen, intensiviert durch spontane Rezitation und gemeinsamen Gedankenaustausch.
Eine besondere Wirkung ging von der Freundschaft mit dem Gießener Dichter und späteren Literaturwissenschaftler Georg Edward (d. i. bis 1903 Georg Geilfus) aus, über den Wolfskehl die Gedichte Stefan Georges kennenlernte. In seinen unveröffentlichten Lebenserinnerungen beschreibt Edward das erste Zusammentreffen mit Wolfskehl in der Gießener Universitätsbibliothek, aber auch die zahlreichen Spaziergänge und Nachtwanderungen in Gießen und Umgebung.
Zu diesem freundschaftlichen Bunde gehörte auch der in den 1890er-Jahren gerade erst Bekanntheitsgrad erlangende hessische Heimatdichter und Zigarrenfabrikant Alfred Bock. Ihn verband eine Freundschaft zur gesamten Familie Wolfskehl. Mit seinem Sohn, dem Literaturwissenschaftler Werner Bock, blieb Wolfskehl zeitlebens freundschaftlich verbunden.
Gießen bildet den Ausgangspunkt der weiteren philologisch-literarisch-künstlerischen Entwicklung Wolfskehls. 1891 war Stefan George in Gießen gewesen, um Georg Edward persönlich kennenzulernen. Dieses Zusammentreffen mag Wolfskehl briefliche Kontaktaufnahme mit Stefan George im November 1892 wesentlich vereinfacht haben. Während sich Georg Edward bereits 1894 von George distanzierte, intensivierte sich die Zusammenarbeit zwischen George und Wolfskehl. Den freundschaftlichen Kontakt mit Georg Edward und Alfred Bock hielt Wolfskehl aufrecht. Freundschaften zu pflegen – im direkten wie im brieflichen Kontakt – ist ein Talent, das Wolfskehl bereits während seines Studiums in Gießen entwickelte und das ihn Zeit seines Lebens auszeichnen wird.
Deckblatt der Dissertation über Germanische Werbungssagen (1893), Doktorvater war der Gießener Sprachforscher Otto Behaghel.
Einwilligung des Vaters Otto Wolfskehl vom 24. 10. 1887 – eine rechtliche Voraussetzung, damit Karl Wolfskehl sein Studium der »germanistischen Philologie« an der »Universität Gießen« beginnen konnte.
Die Website widmet sich dem Schwerpunkt Karl Wolfskehl: Gießen – George – Exil.
Sie entstand im Rahmen zweier Projektseminare am Institut für Germanistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen